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Herr Haas, wie groß ist das Problem mit völkischen Siedlerinnen und Siedlern im Raum Lüneburg? Gibt es Zahlen oder Schätzungen?
Dominique Haas: Das Problem ist tatsächlich sehr präsent. Die Lüneburger Heide ist einer der Hotspots für völkische Siedlerinnen und Siedler in Deutschland, was vor allem am demografischen Wandel liegt: Viele Menschen ziehen vom Land weg, sodass völkische Familien vergleichsweise günstig Höfe erwerben und sich in die Dorfgemeinschaft einbringen können. Sie treten oft zunächst als engagierte Nachbarn auf, übernehmen Ehrenämter und wirken unauffällig. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber Schätzungen gehen von 20 bis 30 Familien aus, möglicherweise mehr. Die Szene ist schwer zu fassen, weil sie bewusst im Verborgenen agiert – ohne Internetauftritt, mit klaren Abgrenzungen nach außen. Auch die Sprache ist geprägt von Begriffen aus dem Nationalsozialismus, etwa wenn der Computer als „Elektrojude“ bezeichnet wird. Kindern wird beigebracht, diese Sprache nicht nach außen zu tragen.
Welche Handlungsempfehlungen geben Sie Kirchengemeinden und Engagierten im Umgang mit Rechtsextremismus?
Haas: Zunächst: Niemand muss allein handeln. Es gibt zahlreiche Anlaufstellen, wie die mobile Beratung gegen Rechtsextremismus oder Netzwerke wie das Netzwerk Südheide und die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus. Wichtig ist, sich zu vernetzen, Bündnispartner zu suchen und sensibel für rechtsextreme Tendenzen zu bleiben. Wenn Unsicherheiten bestehen, sollte man Beratung in Anspruch nehmen. Praktisch hilfreich ist es auch, Bündnissen Räume und Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Zentral ist, sich klar zu positionieren, aber auch offen für Austausch zu bleiben – immer mit dem Bewusstsein, dass es Grenzen gibt, die nicht überschritten werden dürfen.
Gibt es Beispiele für gelungene kirchliche Initiativen gegen Rechtsextremismus in der Region?
Haas: Ja, ich erlebe in der Region sehr engagierte Kirchengemeinden, sowohl im ländlichen Raum als auch in der Hansestadt. Viele Gemeinden positionieren sich klar, arbeiten in Bündnissen mit der Zivilgesellschaft und erreichen dadurch viele Menschen. Besonders positiv ist, dass es in Niedersachsen Strukturen wie das Bündnis Kirche für Demokratie gegen Rechtsextremismus, das Netzwerk Südheide oder das Lüneburger Netzwerk gegen Rechts gibt, die wertvolle Arbeit leisten. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus bietet zudem viele inhaltliche und thematische Impulse, die für die praktische Arbeit vor Ort sehr hilfreich sind.
Das komplette Interview steht auf der Website des Sprengels Lüneburg.
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