|
Herr Schröder, die Leitung eines Kirchenkreises wird gerne auch als „geistliche“ Leitung bezeichnet, obwohl Sie wohl nur noch einen Bruchteil Ihrer Arbeitszeit auf der Kanzel zubringen. Welchen Herausforderungen müssen sich Superintendentinnen und Superintendenten im Management eines Kirchenkreises heute stellen?
Jörn-Michael Schröder: Mir hat diese Vorstellung, dass „geistliche Leitung“ vor allem auf der Kanzel geschieht, nie eingeleuchtet. Schließlich wirkt der Jesus der Evangelien nur selten durch Predigten. Vielmehr trägt er die befreiende Perspektive des Evangeliums in den Alltag der Menschen ein und verändert dadurch ihr Leben. Dass wir diese Perspektive in den Überlegungen und komplexen Planungen zu Stellen, Finanzen und Gebäuden suchen, fordert uns als Engagierte im Kirchenkreis gemeinsam heraus. Als Superintendent moderiere ich die unterschiedlichen Auffassungen und bringe natürlich auch meine Ideen ein. Die wichtigen Entscheidungen werden dann aber stets gemeinsam getroffen.
Einmal im Jahr treffen Sie sich zum sogenannten Konvent der Ephorinnen und Ephoren in Loccum. Das sind vier Tage intensiven Arbeitens. Worum geht es dabei? Und warum ist ein solches Treffen so wichtig?
Schröder: An diesem Treffen nehmen auf Einladung des Bischofs nicht nur die Superintendentinnen und Superintendenten teil, sondern auch die Regionalbischöfinnen und -bischöfe sowie die Leitungen des Landeskirchenamts und der Einrichtungen. Gemeinsam diskutieren wir die Themen, die uns in den Kirchenkreisen und der Landeskirche herausfordern. Wir erfahren uns aber auch als eine Gemeinschaft, die miteinander Gottesdienste feiert und dabei die Klosterkirche mit ihrem mehrstimmigen Gesang erfüllt. Gerade die Erfahrungen dieser Konvente tragen dazu bei, dass zwischen den verschiedenen Ebenen eine „Verantwortungsgemeinschaft“ wächst, die die Herausforderungen an unsere Kirche gemeinsam angeht. Diese Dynamik – gerade mit Blick auf Machtstrukturen – gemeinsam verantworteter Kirchenentwicklung empfinde ich für die Sache und alle Beteiligten als sehr bereichernd.
In diesem Jahr haben Sie auch neue Formate ausprobiert: An einem Nachmittag konnten alle Teilnehmenden in einem Barcamp aufrufen, was bei ihnen gerade oben schwimmt. Ist der Versuch gelungen? Was nehmen Sie daraus mit?
Schröder: Die Energie und Kompetenz, mit der in verschiedenen Gesprächsgruppen in kurzer Zeit weiterführende Ergebnisse erzielt wurden, hat mich wirklich beeindruckt. Zugleich entspricht diese Form des Barcamps aber auch einer Veränderung in Bezug auf das Thema „Macht“, zu dem wir bei diesem Konvent gearbeitet haben. Bei meinen ersten Konventen vor 15 Jahren gab es noch sehr explizite Top-down-Formate, in denen das Landeskirchenamt „Mitteilungen“ zu konkreten Themen gemacht hat. In dem Format des „Barcamps“ bildet sich dagegen der Kulturwandel zur „Verantwortungsgemeinschaft“ ab, an dem wir gemeinsam arbeiten. Ich empfinde die Erfahrung der gemeinsamen Lösungssuche, aber auch die Vielzahl konkreter Ergebnisse und Absprachen, die dadurch erreicht wurden, als motivierend, diesen Weg weiterzugehen.
|