Frau Bahr, biedert sich die Kirche nicht an den Zeitgeist an, wenn sie mit Gitarre und Schlagzeug kommt?
Petra Bahr: Alle Instrumente im Gottesdienst, Orgel oder E-Piano, Cello oder Synthesizer oder Blechbläser, haben eine gemeinsame Aufgabe: das Singen leichter zu machen, die Gemeinde zu stützen – und durch die Musik einen anderen, weiteren Horizont zu eröffnen, der über Worte hinausragt.
Sind christliche Popsongs oder Gospels aus Ihrer Sicht besonders geeignet, Menschen in der Kirche emotional zu berühren?
Bahr: Im Guten ja, im Schlechten nein. Es gibt großartige populäre geistliche Musik, Lieder mit tollen Texten, Melodien und Arrangements. Dann gibt es die, die ein halbes Jahr eine Rolle spielen und dann nie wieder gesungen werden, weil sie nicht tragen, weil sie musikalisch oder textlich schwach sind. Bei englischen Texten fällt das nicht so schnell auf, bei deutscher Lyrik eher.
Brauchen wir aus Ihrer Sicht mehr neue kirchliche Popsongs?
Bahr: Wir brauchen gute kirchliche Popsongs und die grundsätzliche Akzeptanz von Kirchenleitungen und Gemeinden. Dazu muss das gemeinsame Singen als Aneignung des Glaubens gefördert werden. Anspruchsvoll ist auch die Ausdifferenzierung der musikalischen Stile und Geschmäcker. Es gibt nicht „die“ Popmusik. Die einen lieben Singer-Songwriter oder Kirchenschlager, die anderen Gospel, die dritten hätten am liebsten einen Gottesdienstraum, der auch mal bei Technoklängen bebt. Meine Sorge ist manchmal, dass das, was wir mit christlicher Popmusik verbinden, in einem Einheitssound endet. Dagegen hilft gute Ausbildung, Förderung von musikalischen Experimenten, auch des Crossovers zwischen alter und neuer Musik, manchmal der Mut zum ganz Einfachen. Es braucht Lieder, die es bis unter die Dusche schaffen, aber auch Songs, die ihre große Kraft in der Stille entwickeln. Das geht auf Dauer nur mit sehr guter Ausbildung auf allen Ebenen.
Quelle: epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen
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