Herr Meister, vor und nach Veröffentlichung der ForuM-Studie berichten viele Medien darüber, dass die Landeskirchen Akten zurückgehalten hätten. Die Landeskirche Hannovers auch?
Ralf Meister: Zu Beginn des Forschungsvorhabens wurde vereinbart, dass alle Personalakten durch die Landeskirchen gesichtet werden sollen. Dabei ging es von Anfang an um die zentral archivierten Akten der Pastorinnen und Pastoren. Die Akten der anderen Berufsgruppen werden je nach Anstellungsverhältnis gelagert, auf jeden Fall nicht zentral. Nach einer ersten Phase ist deutlich geworden, dass diese Prüfung in dem vorgegebenen Zeitraum und mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht klappen würde, weil es schlicht zu viele Akten sind. Es gab dann eine neue Vereinbarung mit den Forschenden: Zuerst schauen wir die Disziplinarakten an und bei einem Verdacht oder Hinweis auf sexualisierte Gewalt aus anderer Quelle die entsprechenden Personalakten. Die ermittelten Daten haben wir fristgerecht an den Forschungsverbund übergeben.
Wie geht es jetzt mit Blick auf die Akten weiter?
Meister: Wir werden alle Akten überprüfen, die der Forschungsverbund für erforderlich hält. Diese Akten werden wir jetzt identifizieren und dann mit der Arbeit beginnen. Dazu müssen wir auch überlegen: Inwieweit ist hier sinnvoll, auch die Akten von anderen Berufsgruppen zumindest stichpunktartig mit einzubeziehen?
Was ist außerdem in der Landeskirche geplant?
Meister: Was mir ganz wichtig ist und was in der aktuellen Diskussion leider fast wieder untergeht: Wir müssen auf die Stimmen der Betroffenen hören, die in der Studie in Interviews ausführlich zu Wort kommen. Diese Interviews sind ein wesentlicher Teil der ForuM-Studie, durch die schon jetzt wichtige Erkenntnisse über die Strukturen innerhalb der evangelischen Kirche gewonnen werden, die sexualisierte Gewalt ermöglichen. Mit den Betroffenen beginnt jetzt auf EKD-Ebene die Arbeit an der Umsetzung der Empfehlungen, die die Studie enthält. Da wird vieles gemeinsam mit allen Landeskirchen geschehen. Aber auch in unserer Landeskirche werden wir über die Studie und ihre Empfehlungen diskutieren und überlegen, was wir schnell umsetzen können und was mehr Zeit braucht. Wir drängen zum Beispiel darauf, dass wir bis Jahresende flächendeckend Schutzkonzepte haben. Und dass zu den knapp 4.000 Menschen, die an den Präventionsschulungen teilgenommen haben, noch möglichst viele hinzu kommen.
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